Text: Birte Mußmann ― Foto: AUDI AG, Volkswagen AG, Oliver Kraus, Arvid Niemeyer ― Film: AUDI AG ― Lesezeit: 5 min
Licht ist der Taktgeber unserer „inneren Uhr“. Prägend ist dabei der Wandel der Lichtverhältnisse im Verlauf eines Tages.
Licht ist der Taktgeber unserer „inneren Uhr“. Prägend ist dabei der Wandel der Lichtverhältnisse im Verlauf eines Tages.
Licht ist bei Audi Treiber von Innovation. Gerade im Zusammenspiel mit der Zukunftsvision des hochautomatisierten Fahrens, in der Fahraufgaben an die Technik abgegeben und die Zeit im Fahrzeug anders genutzt werden kann, gewinnt die Lichtgestaltung im Innenraum mehr und mehr an Bedeutung.
Licht steuert den natürlichen Rhythmus des Menschen und eine angenehme Lichtstimmung kann zum Wohlbefinden beitragen. Wie aber können diese Eigenschaften gezielt genutzt werden? Genau mit dieser Frage setzt sich Arvid Niemeyer, Doktorand bei Audi, auseinander. „Die Lösung lautet Human Centric Lighting. Dieses Lichtkonzept stellt die Bedürfnisse des Menschen in den Mittelpunkt“, erläutert er und geht weiter ins Detail. „Audi setzt auf Innovationen und lässt sich dabei auch gern von der Natur inspirieren. Wir wissen, dass helles, kühles Tageslicht aktiviert, belebt und die Aufmerksamkeit erhöht. Dieser Effekt kann auch durch künstliches Licht erzeugt werden.“
Übertragen auf eine zukünftige Mobilität, in der hochautomatisiertes Fahren bereits auf der Straße angekommen ist, wäre folgendes Szenario denkbar: Das Fahrzeug übernimmt den Transfer zum nächsten Meeting. Die Zeit kann zur Vorbereitung genutzt werden. Konzentration ist gefragt. „Die Nutzerin oder der Nutzer im Fahrzeug kann das Licht im Innenraum entsprechend einstellen. Der Blauanteil des Lichts wird hochgefahren. Studien haben gezeigt, dass dabei die Lichtquelle möglichst großflächig sein und der Lichteinfall direkt von oben kommen sollte. Vergleichbar mit der am Zenith stehenden Mittagssonne.“ Sinkt der Blauanteil, dann schwächt sich auch die Wirkung ab. Daher wird warmem Licht mit wenig Blau- und dafür hohem Rotanteil eine eher entspannende Wirkung zugeordnet. „Beide Einsatzbereiche sind denkbar, wobei die aktivierende Wirkung für uns relevanter erscheint.“
Licht mit einem hohen Blauanteil wirkt aktivierend. Dieser Effekt kann nicht nur durch natürliches Licht, sondern auch durch künstliches erzeugt werden.
Licht mit einem hohen Blauanteil wirkt aktivierend. Dieser Effekt kann nicht nur durch natürliches Licht, sondern auch durch künstliches erzeugt werden.
Um die Wirkung von Licht besser zu verstehen, muss man sich unsere gelernten Verhaltensmuster und die Prozesse im Körper vor Augen führen. Arvid Niemeyer erläutert: „Den Rhythmus von Tag und Nacht haben wir einfach verinnerlicht. Man spricht auch vom circadianen Rhythmus – also dem Wach-Schlaf-Rhythmus, verteilt über eine Zeitspanne von ungefähr 24 Stunden.” An diesen Rhythmus hat sich unser Körper angepasst, funktioniert tagsüber anders als nachts. Dem Auge kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. „Forschungen zeigen, dass sich in der Netzhaut unseres Auges nicht nur Rezeptoren fürs Nacht- und Farbsehen befinden, sondern noch eine dritte Art von Rezeptoren. Das Besondere an dieser dritten Art ist die Tatsache, dass sie Hormone im Körper steuert.“ Diese Erkenntnis und die daraus folgenden Schlüsse, sind Grundlage für das Konzept von Human Centric Lighting.
„Forschungen auf diesem Gebiet haben 2002 ergeben, dass sich in der Netzhaut unseres Auges nicht nur Stäbchen-Fotorezeptoren fürs Nachtsehen und Zapfen-Fotorezeptoren für Farbsehen befinden, sondern zudem ein dritter Rezeptor für einfallendes Licht. Die Besonderheit: Diese Art von Fotorezeptoren wird nicht zum Sehen benutzt, sondern steuert gewisse Hormone im Körper. Dabei handelt es sich um melanopsin(protein)-haltige Ganglienzellen, die in der obersten Schicht der Netzhaut verortet sind.“
Neben Arvid Niemeyer befasst sich auch Michael Weng mit dem Thema Human Centric Lighting. Gemeinsam haben sie Studien durchgeführt, die auf ersten Erkenntnissen aus einer vorangegangenen Feldstudie im Audi A8 aufbauen. In dieser unterstützte eine speziell umgebaute Schminkspiegelleuchte die circadiane Rhythmik. Zwei Drittel der Proband_innen bestätigten, dass sie sich durch das Licht am Morgen wacher fühlen würden. Die These, dass ein hoher Blauanteil im Licht Müdigkeit entgegenwirkt, konnte auch in zwei weiteren Laborstudien, bei denen die 32 Proband_innen in einer abgedunkelten Box mit unterschiedlichen Lichtquellen saßen, gestärkt werden.
In einer dritten Studie wurde bei Audi die Wirkung von Licht auf den Menschen mithilfe eines Fahrsimulators weiter erforscht. Dabei wurden sowohl Szenarien berücksichtigt, in denen Proband_innen die Fahraufgabe aktiv ausführten, als auch solche, in denen sie im hochautomatisierten Fahrmodus – also ohne Fahraufgabe – unterwegs waren. Auch unter diesen Bedingungen waren die ersten Ergebnisse positiv. Licht ist und bleibt ein spannendes Forschungsfeld – auch für die Gestalter der Mobilität von morgen.
Je geringer der Blauanteil im Licht ist, desto geringer ist auch die aktivierende Wirkung. Dieser Effekt soll den Körper in der Ursprungsfunktion auf die Schlafphase vorbereiten.
Je geringer der Blauanteil im Licht ist, desto geringer ist auch die aktivierende Wirkung. Dieser Effekt soll den Körper in der Ursprungsfunktion auf die Schlafphase vorbereiten.