Datum: 02.01.2025 - Lesezeit: 4 min
Heimrennen generieren in der Regel mehr Aufmerksamkeit und jede Menge Trubel, kann das auch zur mentalen Belastung werden, wie geht man damit um?
Anna Gasser: „Natürlich ist die Aufmerksamkeit und Aufregung zuhause ein bisschen größer als sonst, aber es überwiegt vor allem die Freude, vor heimischem Publikum zu fahren. Das ist immer was Besonderes. Der Druck von außen kann dabei oft groß sein, aber ich habe gelernt damit umzugehen und kann das mittlerweile ganz gut abblocken.“
Stichwort Alpine Ski-Weltmeisterschaft 2025: Saalbach ist längst in aller Munde, mit welchen Erfahrungswerten startest du in das Titelrennen vor den eigenen Fans, worauf wird es ankommen?
Cornelia Hütter: „Wir hatten letztes Jahr die Möglichkeit am WM-Hang vorab zu trainieren, beim Weltcupfinale war es dann ziemlich gut, da haben wir den Heimvorteil als gesamte Mannschaft sehr gut ausspielen können. Wie es bei der Weltmeisterschaft sein wird, wird sich weisen. Die Streckenführung ist ein wenig anders und somit für alle neu, umso wichtiger wird sein, vom ersten Training an die richtige Linie zu finden.“
Wer mit 130km/h den Berg hinunter rast oder mit Saltos plus Drehungen um die eigene Achse durch die Luft wirbelt, geht ganz klar Risiken ein. Verletzungen haben auch eure Karrieren immer wieder unterbrochen, gab es jemals Gedanken an einen Ausstieg und wie schafft man es noch stärker zurückzukommen?
Anna Gasser: „Verletzungen gehören zum Sport dazu, das ist leider so. Ich habe über die Jahre gelernt, besser damit umzugehen und gestehe meinem Körper mittlerweile die Zeit für die Heilung zu. Früher war ich da wesentlich ungeduldiger.“
Cornelia Hütter: „Verletzungen und Comebacks waren auch in meiner Karriere ein großes Thema, aber ich möchte das gar nicht schlecht reden, das gehört einfach dazu. Ich habe gelernt das zu akzeptieren und es passt auch so wie es gewesen ist. Natürlich waren die Momente, wo die Verletzungen passiert sind, oft sehr, sehr schwierig. Aber im Nachhinein betrachtet hat mich das nicht nur auf, sondern auch abseits der Piste als Persönlichkeit weitergebracht.“
Ihr zählt mittlerweile zu den Routiniers in euren Sportarten. Inwieweit hemmt die Erfahrung die Risikobereitschaft? Bremst das zunehmende Alter die jugendliche Unbekümmertheit?
Cornelia Hütter: „Man hat viel erlebt und gesehen, dass kann einen in gewissen Momenten natürlich auch hemmen, aber gerade in den Speed-Disziplinen ist die Routine beispielsweise bei der Streckenführung schon ein wesentlicher Vorteil. Wenn du das Gelände gleich bei der ersten Besichtigung lesen kannst und weißt, wo du umgehst, hilft dir das wesentlich weiter. Ich sehe die Routine als Pluspunkt, den ich mir erarbeitet habe.“
Anna Gasser: „Mein jüngeres Ich hat sich damals keine Gedanken darüber gemacht, was bei einem Fehler passieren könnte. Ich wollte einfach mein bestes Snowboarden zeigen und hab nicht an irgendwelche Konsequenzen gedacht. Die letzten Jahre haben mir aber gezeigt, dass ich sehr wohl auf meinen Körper achten muss. Heute überlege ich mir sehr genau, wann ich welchen Trick versuche. Ich gehe die Dinge sicherlich bewusster an.“
Spektakuläre Comebacks sorgen in diesem Winter für zusätzlichen Gesprächsstoff und dominieren die Schlagzeilen – wie schwer wird euch das Loslassen fallen und wie könnte eure Karriere nach der Karriere aussehen?
Ich habe mittlerweile sehr viele jener Ziele, die ich mir gesetzt habe, auch erreicht.
Anna Gasser: „So gesehen denke ich nicht, dass es mir schwerfallen wird, loszulassen. Mit dem Snowboarden werde ich auch nach meiner Wettkampfkarriere verbunden sein. Da gibt es noch viele Bereiche, die ich gerne machen und lernen würde.“
Cornelia Hütter: „Der Skisport ist mein Beruf, bestimmt meinen Tagesablauf und mein Leben. Es wird schwierig wieder so etwas Erfüllendes zu finden, aber ich hoffe natürlich schon, dass etwas kommt das mir gleich viel Freude bereitet. Solange ich Spaß daran habe und meine Leistung voll abrufen kann, möchte ich Skifahren. Wenn der Moment gekommen ist, wo ich das nicht mehr spüre, war es das für mich.“
Ihr habt beide bereits Bekanntschaft mit PS-starken Rennsportboliden sammeln können, ist es die Geschwindigkeit, die euch auch hier angetrieben hat?
Cornelia Hütter: „Der Motorsport war von klein auf ein wesentlicher Bestandteil in meinem Leben. Mein Papa war Rallye-Mechaniker, mein Onkel ist selber gefahren, auch ich habe bereits an ein paar Rundstreckenrennen und Bergrallyes teilgenommen.
Schnelles Ski- und Autofahren haben einige Parallelen, in beiden Sportarten muss man die Linie gut lesen können. Ich fühle mich einfach wohl wenn´s schnell dahin geht.
Anna Gasser: „Geschwindigkeit hat es mir schon immer irgendwie angetan. Ich war schon zweimal bei der Audi driving experience mit dabei und habe einen 600 PS starken Audi R8 auf der Rennstrecke beschleunigt. Das hat richtig Spaß gemacht!“
Die Vier Ringe bauen auf Vorsprung durch Technik - womit habt ihr euch einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz erarbeitet?
Anna Gasser: „Die Motivation, mich immer weiterentwickeln zu wollen, ist über die Jahre zu einer gewissen Routine geworden. Ich glaube schon, dass ich mir damit einen Vorteil verschafft habe.“
Cornelia Hütter: „Ich habe gelernt, aus Rückschlägen Vertrauen in mich selber zu gewinnen. Es muss für mich passen, ich muss niemandem etwas beweisen. Ich kann mit dem Druck von außen mittlerweile sehr gut umgehen, es macht mich schneller. Das ist sicherlich ein Vorteil.“
Ein neues Jahr startet in der Regel mit neuen Vorsätzen. Was habt ihr euch für 2025 vorgenommen?
Cornelia Hütter: „Den Plan durchziehen, nichts dem Zufall überlassen und hart arbeiten. Meine Vorsätze klingen ein wenig klischeehaft, aber das ist es, was zählt. Ich probiere jeden Tag aufs Neue alles rauszuholen, nicht nur auf den Skisport, sondern auf das Leben bezogen. Auf der anderen Seite ist es wichtig, sich ab und zu auch rauszunehmen und sich nicht immer von anderen sagen zu lassen, was man zu tun hat.“
Anna Gasser: „In erster Linie möchte ich gesund und fit bleiben. Was den Sport betrifft, steht mit der Weltmeisterschaft im kommenden März ein absoluter Höhepunkt bevor. Bei der letzten ist es für mich ganz gut gelaufen, es wäre schön, wenn ich das wiederholen könnte.“